Vor einer Weile hat Ben Milton (Questing Beast) eine zweite Version seines bewährten ultra-regelleichten OSR-Rollenspiels Knave veröffentlicht. Diese Knave: Second Edition ist mit etwa 80 Seiten etwa zehnmal umfangreicher als die ursprüngliche Fassung, die über die Jahre auch mehrmals ins Deutsche übersetzt wurde – was aufgrund der offenen Creative Commons Lizenz auch erlaubt war.
Lohnt es sich, deutlich mehr Geld für im Kern dasselbe Spiel auszugeben? Nun…
Dasselbe Spiel
Knave: Second Edition wurde regeltechnisch tatsächlich so gut wie gar nicht verändert. Es gibt sechs Attribute - Strength, Dexterity, Constitution, Intelligence, Wisdom und Charisma - ganz genau so wie beim Urvater D&D. Diese Werte (von 1-10) werden allerdings anders als beim „Drachenspiel“ auf einen gewürfelten W20 addiert und mit einer je nach Schwierigkeitsgrad mehr oder weniger hohen Zahl verglichen. Wird diese Zahl erreicht, gelingt der Wurf.
Die Spielwerte können wie gewohnt mit verschiedenen Methoden bestimmt werden. Es gibt nur eine Charakterklasse, nämlich Knaves - vielseitige, listige Schurken, für die dann zwei Karrieren aus einer Liste von 100 bestimmt werden. Mit der nötigen Intelligenz können Knaves zudem zaubern und erhalten neben der restlichen Ausrüstung noch ein paar Zauberbücher (also einzelnen Zaubern). Nun noch ein Name - fertig!
Knave war immer schon sehr gut dafür geeignet, klassische D&D und OSR Abenteuer zu spielen, ohne sich großartig in komplexe Regeln einarbeiten zu müssen. Das gilt natürlich auch für die Second Edition.
Zehnmal mehr?
Nun, was gibt es mehr? Zum einen eine Unmenge von Zufallstabellen für alle nur denkbaren Eventualitäten - Wetter, Fallen, Zauber (und Regeln zur Zaubererschaffung), einzelne Dungeonräume und so weiter, bis hin zum den in den üblichen zweifelhaften Kaschemmen angebotenen Speisen und Getränken. Wir wissen ja bereits: Zufallstabellen sind gut - und Knave: Second Edition enttäuscht in dieser Hinsicht nicht. Miltons Einfallsreichtum ist hier schon bemerkenswert und wer sich gern z.B. in Sandboxes herumtreibt, wird hier gut unterstützt. Ganz im allgemeinen bekommt die Spielleitung mehr Hilfe bei länger laufenden Kampagnen. Ob nun wirklich jede einzelne Tabelle notwendig gewesen wäre, muss wohl im Einzelfall entschieden werden: Ich jedenfalls hatte an ein paar Stellen das Gefühl, dass hier einfach eine Seite gefüllt werden musste.
Hübsch und ordentlich
Peter Mullen hat das gesamte Artwork in Knave: Second Edition verantwortet und er ist einer meiner liebsten Illustratoren. Seine Art, die Figuren eher weniger wie merkwürdige Gestalten als strahlende Heroen zu beschreiben, passt hier genauso gut wie auch in DCC und ähnlichen Spielen. Toll. Ich gebe zu, ich hätte das Buch wegen des Artworks gekauft.
Das Layout ist sehr sauber und eher konservativ, die Seiten mit Fließtext sind in zwei Spalten, die Tabellen gelegentlich auch vierspaltig gesetzt. Allerdings fehlt ein Stichwortverzeichnis und der Index könnte detaillierter sein. Bei einem immer noch schmalen, kleinformatigen Band ist das aber vielleicht zu verschmerzen und das Fehlen von Lesebändchen will ich schon gar nicht beklagen.
Neues Fazit (21.11.2024)
Nachdem bekannt geworden ist, dass sich Ben Milton von ultrarechten Gruppen sponsorn lässt und Kritik daran unterdrückt, kann ich das Regelwerk nicht mehr mit gutem Gewissen empfehlen. Es gibt zahlreiche, auch kostenlose Alternativen, auf die ich ggf. in einem späteren Artikel näher eingehen werde.
Quelle: Rascal News