Namen für Rollenspielfiguren finden und Spaß dabei haben

Ruhm ist die Summe der Missverständnisse, die sich um einen Namen sammeln.
– Rainer Maria Rilke

Einen Namen für eine Figur im Rollenspiel zu finden – oder eine Figur in einer Geschichte – das scheint viele von uns vor eine enorme Herausforderung zu stellen, wenn ich die sozialen Medien richtig deute. Um ehrlich zu sein, teile ich dieses Problem nicht: Ich denke mir gern Namen aus, was unter anderem daran liegen mag, dass es mir offensichtlich leichter fällt als den vielen Leuten, die sich deswegen eine Menge Stress machen – und dann gibt es „Helmut“, „Siegfried“, „Tusnelda“, „Norbert“, „Legolas“ oder „Legoline“. Ich kenne da ein paar hochverdächtige Personen, deren Rollenspielfiguren immer denselben Namen tragen. Verschwenden wir nicht zu viele Gedanken an diese zwielichtigen Gestalten.

Die Namen von Lokalitäten und Gegenständen sind ebenso interessant – gerade Waffen wurden in vielen Kulturen Namen gegeben. Auf einige davon kommen wir gegebenenfalls in einem weiteren Artikel zurück, aber Kulturen können wir hier nicht ignorieren.

Mit der Kultur anfangen

Viele bestehende Spielwelten beschreiben verschiedene Kulturen und wenn du Glück hast, wird die zugehörige ebenso erwähnt – ansonsten kannst du aus bekannte Begriffen entnehmen, wie die Sprache klingen könnte.

Language: The Moorg-Wane have their own language, a crude tongue punctuated by much slurping, gurgling, and frothing at the gills, which is said to be almost impossible for non-aquatic beings to replicate. They also communicate by a version of Sign that is somewhat different from other varieties of sign language, as it makes use of an extra set of appendages and tail. Common names start with a "moor" or "mur" sound, in Moorok, Muurg, Moorug, Muurek, or Mugwan.
Ausschnitt aus dem *Talislanta Atlas & GM Guide* (S. 165):
Vorbildlich ist dieses Beispiel aus dem aktuellen Talislanta Atlas: Es ist klar, warum das beschriebene Volk so spricht wie sie sprechen (es sind die Moorg Wan – ruppige, grobschlächtige nichtmenschliche Sumpfbewohner mit großen Mündern), darüber hinaus gibt es Beispiele für Namen und wie sie gebildet werden. Beispiele sind großartig – die kann man flott stehlen, wenn gerade die freundliche Bäckereifachverkäuferin von nebenan benannt werden muss, die die Spielgruppe spontan zu einer wichtigen NSC erklärten.

  • Sind es weiche, melodisch klingende Ortsnamen oder sind harte, schroffe Wörter?
  • Passt das zur Landschaft und wie die Bevölkerung beschrieben wird?
  • Sind die Bezeichnungen lang oder kurz? Bestehen sie aus einem Wort oder mehr?
  • Fallen dir Vor- oder Nachsilben auf, die öfter vorkommen?
  • Hat deine Figur einen Namen, der zu ihr passt?
  • Wie steht die Figur zu ihrer eigenen Herkunft? Identifiziert sich sich damit? Oder lehnt sie ihre Kultur ganz oder in Teilen ab?

Das Verhältnis der Figur zu ihrem Namen

Wir können mit dem Namen gleich eine Menge Charakterisierung erledigen.

  • Mag die Figur ihren Namen?
  • Verwendet deine Figur ihren Geburtsnamen? Und wenn nicht - warum?
  • Hat sie sich ihren Namen selbst gegeben? Wie kam es dazu?
  • Hat die Figur einen Spitznamen wie Aragorn im Herrn der Ringe, der auch „Streicher“ genannt wird? Woher hat sie ihn? Ist der Spitzname schmeichelhaft, spöttisch, verniedlichend? Ironisch oder direkt?
  • Verwendet die Figur zusätzlich einen Titel oder setzt sie ihn anstelle ihres Namens wie „Inquisitor“ in Dragon Age: Inquisition? Mag sie es, wenn der Titel verwendet wird?

Ein paar Tipps

  • Nimm ein Beispiel aus einer Kultur. Ändere die Vokale, hänge eine Nachsilbe an… oder tausche die Konsonanten gegen andere aus, bis es richtig klingt.
  • Finde Inspiration: Schau dir deine Regale an und schreib dir Wörter auf, die dir gefallen – das müssen nicht unbedingt Namen sein. Es ist ganz egal, welche Art von Regalen es ist, aber Buchregale und Musiksammlungen sind toll. Erstaunlich ergiebig sind unter anderem Gewürzsammlungen.
  • Schreib verschiedene Namen auf einen Zettel, nimm eine Schere, schneide die Wörter in Silbenlange Schnipsel… und (sic!) leg dir einfach ein paar Namen zurecht.
  • Schnapp dir jemand, dem du vertraust und beschreibe deine Figur. Lass jemand anderes den Namen ausdenken. Könnte dir gefallen. Aber stell vorher klar, dass du Inspiration suchst und am Ende das letzte Wort hast.
  • Du könntest "Sprechende Namen" versuchen, die gleich etwas über die Figur sagen, wie "Herr Wurm" für eine unscheinbare, unterwürfige oder stille Person

Quellen

  • Es gibt viele gute Quellen im Internet, allen voran das fabelhafte fantasynamegenerators.com - unter „pop culture“ sind zahlreiche Zufallsgeneratoren für bekannte und teils richtig obskure Spielwelten.
  • Suche nach „Namen“ (oder „Names“ wenn es englische Sachen sind, versteht sich) und dann die Bezeichnung der Spielwelt, zum Beispiel „Glorantha“.
  • Seiten für werdende Eltern, die Namen für ihren Nachwuchs suchen, helfen durchaus auch uns weiter - so etwa Baby-Vornamen.de. Die Top 10 jeder Kategorie überliest du am besten gleich.
  • Bücher wie Matt Finchs Nomicon sind perfekt, Älter ist Gary Gygax’ Extraordinary Book Of Names (geschrieben von Malcolm Bower, nicht Gary!) für das ihr aber bitte nicht die exorbitanten Summen zahlen solltet, die für antiquarische Fassungen aufgerufen werden. Ihr findet eine Kopie auf Archive.org. Beide dieser Bücher haben aber eine gewisse Neigung zu „D&D-artiger“ Fantasy, das Book of Names hat aber wie Fantasynamegenerators.com auch Namen aus Kulturen unserer Erde.

Wie findet ihr die perfekten Namen?

11 Gedanken zu „Namen für Rollenspielfiguren finden und Spaß dabei haben“

  1. @Moonmoth

    Ich benutze inzwischen fast nur noch irgendwelche Namens-Generatoren im Internet und passe deren Output ggf. meinen Wünschen an.

    Gilt für PCs wie auch für NPCs.

    Und wenn es mal ganz schon gehen soll wird es auch mal absurd, dann heißt jemand einfach Ulf oder bekommt einen sehr sprechenden Namen wie Unwi Chtigernsc

    • Wie du vermutlich schon ahnst, kann ich mir bei vorhandener Motivation viele, viele Gedanken über Namen machen, insbesondere wenn ich in etablierten Spielwelten unterwegs bin – da muss es für mich schon „passen“, ich tendiere also nicht so zum, äh, „ulfen“.
      Aber eigentlich fällt mir immer relativ schnell etwas ein.

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  2. @Moonmoth Ich suche mir ein paar charakterisierende Merkmale und schaue dann, was die Wörter in anderen Sprachen sind, zB Türkisch, Isländisch, Färöer…
    Meine Bardin in Age of Ashes heißt Lise Fjeppari, das kommt von "Fan sein" oder "verknallt sein", sie ist übertrieben Begeisterungsfähig, insbesondere für Drachen, und steckt Rückschläge sehr schnell weg.
    Hat mich im Spiel schon einige Male inspiriert, als Spieler hätte ich aufgegeben, als Charakter habe ich es direkt wieder versucht.
    #pnpde

    • Ach, das gefällt mir! Das wären dann auch sprechende Namen, aber in einer anderen Sprache.
      Ich glaube, solche Ideen gibt es auch im auch universell sehr empfehlenswerten Dungeon World Band „Verhängnisvolle Weiten“.

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    • Du wirst jetzt vermutlich überrascht sein, aber das ist allein an meinem Tisch schon mehr als einmal vorgekommen.
      Das ist für 20 Sekunden unterhaltsam, aber in einer Runde die Wochen, Monate und Jahre laufen kann, sollte man sich vielleicht auch als Spielender etwas mehr Mühe geben. Schon aufgrund der absoluten, unerschütterlichen Humorlisigkeit der Spielleitung, wenn ich die Rolle übernehme 🙂

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