Anfänge und Karten

Beim letzten Mal habe ich törichterweise behauptet, dass mein nächster Schritt Testspiele wären. Das stimmt überhaupt nicht, denn obwohl ich gerade 4897 Wörter zusammen habe, ist das Abenteuer noch nicht fertig. Von neuen Hindernissen und vor allem, wie ich sie bisher noch immer überwinden konnte, davon will ich hier ein bisschen erzählen.

Hier geht es um ein relativ einfach aufgebautes klassisches Dungeonabenteuer, aber vielleicht sind die folgenden Beobachtungen auch anderweitig für euch interessant.

1. Deine Karten sollen hässlich sein

Wenn ihr nur ein bisschen so wie ich seid: Benutzt zu diesem frühen Zeitpunkt keine leistungsfähige Software für schöne Karten wie die ansonsten wundervollen Dungeondraft, Wonderdraft oder Dungeon Alchemist. Ihre Zeit kommt erst noch.

Nein: Deine Karten sollten hässlich sein wie die Nacht.

Hier die Erklärung: Du wirst - wenn du nur ein bisschen bist wie ich – beim Schreiben ständig auf Ideen kommen und Änderungen vornehmen wollen. Wenn du wie ich gern eine schöne Karte hast, wirst du dich damit unnötig aufhalten, denn schöne Karten benötigen Zeit und Hingabe. Wenn du dich immer wieder aufhältst, anstelle einfach das Abenteuer zu schreiben und erst am Ende eine schöne Karte malst, wirst du unter Umständen das Projekt erst sehr spät und schlimmstenfalls gar nicht abschließen. So verschwendest du viel deiner Energie und das ist doch einfach schade. Ich habe da zwei Ideen für uns:

  1. Du kritzelst deinen Lageplan mit Bleistift (radierbar!) auf einem nicht zu kleinen Schmierzettel.
  2. Du benutzt eine einfache Kartensoftware, die gar keine fotorealistischen Karten oder ultrakomplexen Layouts erlaubt. Ich habe in letzter Zeit Alex Schroeders fantastische WebApp Gridmapper verwendet, die mit Maus und Tastatur erstaunlich schnell gut lesbare „klassische“ Dungeonkarten erzeugt.
    Ein typscher Bildschirm von Gridmapper: Links ein gerasterter Arbeitsbereich, rechts Tastenbefehle usw.
    Gridmapper im Einsatz.

    2. Jeder Dungeonlevel soll einzigartig sein

    Natürlich können wir alle generische Labyrinthe kritzeln und in jedem Raum Gold oder irgendwelche Monster oder Nichts hinterlassen. Das ist aber reichlich langweilig, finde ich, und das nicht nur für deine Spielrunde, sondern auch für dich selbst - immerhin musst du das ja auch schreiben und das Abenteuer später auch noch leiten.
    Ich versuche mir ein paar Fragen zu stellen, bevor ich mit dem Schreiben beginne:

  3. Wie ist dieses Bauwerk entstanden? Ist es natürlicher Herkunft? (Waren es Wasserläufe, gab es einen vulkanischen Ursprung, vielleicht sind es Gänge hyperrealer Termiten?)
  4. Wie alt ist es? Wird es gerade genutzt (wozu?) oder ist es verlassen? (was war der Zweck der Anlage und warum ist es eigentlich verlassen worden?)
  5. Wie sehen die Gänge aus? Haben sie einen rechteckigen Querschnitt (langweilig!) oder sechseckig, dreieckig oder sind sie oval?
  6. Wie sind die Wände beschaffen ? Sind sie glatt oder rau? Sind sie gemauert, mit oder ohne Mörtel? Gibt es Fresken, Fliesen, Kacheln, Wandgemälde, Graffiti? Vielleicht ist es ein merkwürdiges Material, das hier eigentlich gar nicht hingehört wie ein vergilbter Kunststoff?
  7. Schau dir alte Grundrisse an und lass dich inspirieren! Es gibt auch zahlreiche Grundrisse von Ausgrabungsstätten verschiedenster Kulturen, die ein ganz eigenes Gefühl vermitteln und tatsächlich auch schon einen Teil der Geschichte erzählen! Deine Spielrunde wird das Gefühl bekommen, dass die ganze Anlage einen gewissen Sinn macht – und dass es nicht mehr so ist wie gewohnt.
  8. Ist alles topfeben oder gibt es etwa eine Neigung der gesamten oder von Teilen der Anlage?
  9. Ist warm oder kalt?
  10. Gibt es Geräusche?
  11. Wie riecht es?
  12. Ist die Luft feucht oder trocken?
  13. Ist die Schwerkraft wie zuvor oder verändert?
  14. Gibt es Beleuchtung? Wenn ja, was sind die Lichtquellen? Und wenn die Anlage verlassen ist: Warum ist da Licht an und wer hat dafür gesorgt?
  15. Vielleicht spürt die Gruppe einen gewissen Druck auf den Ohren?

3. Bau zuerst einen richtig coolen Raum

Es fällt mir oft schwer, bei einem neuen Level den Anfang zu finden. Eine gar nicht so doofe ist Idee (obwohl ich selber drauf gekommen bin) ist es, die Stimmung/das Thema des Dungeonlevels mit einem coolen Raum einzuführen.

  • Baue alle oder ein paar der Antworten von weiter oben ein oder gib ein paar kleine Hinweise. Hier ist nicht wichtig, dass du eine Schnitzeljagd zu den Antworten anlegst, die Stimmung ist wichtig. Es geht um Nekromantie? Wenn die Gruppe den ersten Raum betritt, sollte es gleich richtig morbide werden.
  • Es hat noch nie geholfen, hier besonders dezent zu sein – trag lieber dick auf! Hier ist sicher auch meine Erfahrung mit Goodman Games Abenteuern ein bisschen schuld, aber ich habe wirklich das Gefühl, dass das hilft. Beschreibe, wie es hier aussieht. Baue die Stimmung auf.
  • Denk immer daran, was die Gruppe hier eigentlich will/Was sie tun soll. Gibt ihnen das Gefühl, dass sie hier richtig sind. Gib ihnen außerdem das Gefühl unterschwelliger Bedrohung. Hinweise auf Monster und Machenschaften mysteriöser Missetäter sind sehr erwünscht.
  • Gibt es vielleicht so ein Grundthema wie Einsamkeit oder Gier? Das ist eine Gute Idee. Noch einmal: Trag dick auf.
    Wenn du beim ersten Raum gleich die Bühne für das kommende Drama bereitest, kannst du daran anzuknüpfen und Raum um Raum wird einfacher von der Hand gehen.

Ein wirklich schöner weiterführender Literaturtipp ist The Tome of Adventure Design von Matt Finch, zu finden bei Mythmere Games.

Viel Erfolg und bis bald!

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