Einige ganz subjektive, dafür aber unnötig ausführlich begründete Kriterien für Rollenspiele, die mir persönlich gefallen möchten.
Ich bin ziemlich sicher, dass meine Vorstellungen sich mit der Zeit ändern werden, dass ich Formulierungen präziser fassen werde und so weiter. Wenn es so kommt, werde ich diesen Text immer wieder ergänzen und überarbeiten.
Regeln < Stimmung.
Regeln sollten dem Spiel nicht im Weg stehen, sondern die gewünschte Stimmung unterstützen. Stimmung ist wichtiger als regeltechnische Eleganz, Detailtreue oder „Realismus“. Wichtig ist, wie die Spielsituation sich anfühlt und dass die Spielrunde flüssig abläuft, ohne von den Spielenden allzu viel Regel- oder Settingwissen einzufordern.
Wenn eine Vereinfachung der Regeln und/oder des Settings allerdings zu einem spürbaren Verlust an Stimmung führt, würde ich eher auf die Vereinfachung verzichten.
Mir ist überhaupt nicht wichtig, ob ein Regelmechanismus auf irgendeiner wissenschaftlich-logischen Ebene „korrekt“ ist, solange er am Tisch Sinn macht.
Spielfluss kommt vor tieferer Logik.
Die grafische Gestaltung sollte die Stimmung verstärken.
Ich mag, wenn Text und grafische Gestaltung – also z.B. das Artwork, Layout, die Wahl der Schriftart und so weiter – sich gegenseitig unterstützen, dabei ist es nicht wichtig, dass Artwork von durchgängig allerhöchster Perfektion ist. Es funktioniert in meinen Augen nicht so gut, wenn ein Spieltext tödliche Gefahren vermitteln will, dann aber in einem knuddeligen Cartoon-Grafikstil illustriert wird, der die gewünschte Spielstimmung ironisiert und ihr unter Umständen entgegenwirkt. Es gibt zahlreiche Rollenspiele, denen eine solche Balance gelingt.
Optik und Haptik sind wichtig.
Stimmung wird auch durch das Format, das Papier, die Größe und das Gewicht der Spielmaterialien vermittelt. Das gilt nicht nur für Regelwerke, sondern auch für Würfel und andere Spielhilfen.
Rollenspielbücher sollten nicht klinisch-neutral geschrieben sein.
Die Aufgabe von Rollenspielbüchern ist es, eine Stimmung zu transportieren, das gilt auch für Bücher ohne Setting – wie bei Universalregelwerken wie GURPS. Sie sollten unterhaltsam zu lesen sein, aber dabei immer noch klar und übersichtlich am Tisch anwendbar sein. Die SL ist zuerst Leser:in, erst im Anschluß wird das Buch als Nachschlagewerk genutzt.
Zufall ist begrüßenswert.
Eine Aufgabe der Regeln ist es, das Spiel zu einem Teil unberechenbar zu halten, ohne dass die Handlungen der Spielenden in der Folge entwertet werden. Rollenspiel ist kein Laientheater nach einem festen Drehbuch, sondern jede Sitzung sollte auf unterschiedlichste Weise enden können.
Weirdness braucht Bodenhaftung.
Ich mag seltsame, ungewöhnliche Spielsituationen, die auch die Erwartungen der Spielenden an das Setting brechen können. Ein Sense of Wonder ist mir sehr wichtig, denn wenig regt die Vorstellungskraft der Gruppe so sehr an. Damit die Regeln eines Settings aber zu diesem Effekt gebrochen werden können, müssen sie vorab gut vermittelt werden.