Ein Quantum Setting – Keine Angst vor komplexen Spielwelten

Wir haben doch sicher alle schon von enorm detailreichen, wirklich detaillierten Settings gehört, oder? Natürlich von den Forgotten Realms, von Aventurien, von Mittelerde und natürlich erst recht von den multimedial erschlossenen Universen wie Star Wars, Star Trek , natürlich den bunten Welten von Marvel oder DC Comics, bis wieder zum Cthulhu Mythos oder nischigeren Ecken wie Greg Staffords Glorantha. Ich würde so weit gehen, dass Rollenspiel für viele Menschen, gerade auch Außenstehenden, oft mit diesen hochkomplexen Hintergrundwelten (ich verwende in diesem Artikel öfter den breiteren Begriff „Setting“) verbunden wird und gleich dahinter kommt das immer noch sehr verbreitete Klischee von zumeist männlichen Supernerds mit enzyklopädischem Wissen über diese fiktiven Welten, die sich nur zu gern in einer Weise darüber auslassen, die für „Normalsterbliche“ nicht im Geringsten nachvollziehbar ist.

Lasst mich hier gleich zu Beginn klarstellen: Rollenspiel benötigt keineswegs komplexe Settings, um gut zu funktionieren. Tatsächlich kann es befreiend und besonders unterhaltsam sein, hier nur mit dem absolut Notwendigen zu agieren und den Fokus auf die Figuren der Spielenden zu legen. Noch dazu wird die Schwelle für Neulinge so noch einmal deutlich niedriger gelegt. Das ist großartig und nichts davon will ich abwerten. Um ehrlich zu sein liebe ich Setting-leichte Runden… auch.

Warum es immer noch faszinierend und wunderschön sein kann, sich mit hochdetaillierten Settings zu beschäftigen, warum sie auf einzigartige Weise bereichernd sein können und wie sie Anlass sein können, dass eigentlich motivierte Spielrunden aus fürchterlich netten Menschen auseinander brechen oder erst gar nicht zum Spielen kommen, aber auch wie man diese Katastrophen vermeiden könnte- darüber will ich heute schreiben.

Mehr Setting kann das Spiel vielschichtiger machen und sogar erleichtern

Warum sollte man sich überhaupt auf ein komplexes Setting einlassen, wo man es sich auch viel einfacher machen könnte und sich auf eine Variante unserer realen Welt oder auch auf allgemein bekannte „Elfen-Zwerge-Orks“ („elves dwarves orc“/EDO Fantasy, bei uns auch gern „Fäntelalter“ genannt) Konzepte zurückziehen könnte?

Das „ich bin nicht mehr zuhause“ Gefühl

Wenn die Dinge im Spiel nicht funktionieren wie gewöhnt, wenn die Kulturen, Landschaften und sogar die Naturwissenschaften von unserer Alltagsrealität unterscheiden, verlassen wir mehr oder weniger bewusst unsere Komfortzone und lassen uns Schritt für Schritt auf eine andere Welt ein, in der unsere Figuren existieren. Wir erleben sie als einen Teil einer anderen Realität, nach deren Gegebenheiten sie leben. So fällt es vielen Leuten leichter, einen glaubwürdigen, „runden“ Charakter darzustellen, der in diesem Setting lebt und dort mit all seinen Eigenheiten ganz logisch funktioniert - und nicht einfach nur „so eine total seltsame Figur“. Dieser Sense of Place ist für mich ein wichtiger Teil des Rollenspiels: Die Figuren existieren an einem Ort, in den sie passen - und wir als Spielende lernen sie auf diese Weise ebenso besser kennen wie wir ihre Welt erkunden.

Es macht Spaß, eine Spielwelt zu entdecken

Einige von uns lieben es, sich in eine Spielwelt einzulesen und jede erdenkliche verfügbare Zeile zu jedem obskuren Detail zu verschlingen. Ich bin eine dieser Personen, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad: für mich ist nicht wichtig, etwas über die Schafzucht in bestimmten Regionen des Settings zu lernen, wenn es nicht gerade in unserer Runde wichtig wird. Viel lieber lerne ich nämlich ein Setting am Spieltisch kennen und wenn alles gut funktioniert, ist das ein bisschen wie Urlaub in einem fremden, faszinierenden Land, in dem mich jede neue Kleinigkeit meine Neugierde wachsen lässt.

Teil von etwas Größerem sein

Gerade in bekannteren Settings wie Star Wars kann es sehr reizvoll sein, in die Fußstapfen von bekannten Figuren aus anderen Medien zu treten und sich in Gegenden herumtreiben, die sich bereits vertraut anfühlen und so der Spielleitung die Aufgabe leichter machen können: Alle am Tisch wissen sofort, wie sie sich einen Wookie vorzustellen haben und (vielleicht glücklicherweise) bis auf den Geruch ist gleich alles da, ohne dass viel beschrieben werden muss.
Ich finde es ganz spannend in teils uralten Rollenspielwelten unterwegs zu sein und dort unsere eigenen Abenteuer dort zu erleben, wo schon so viele andere ihre Legenden geschrieben haben. Ich mag das Gefühl, dass eine Spielwelt eine lange (Publikations-) Geschichte hat und dass es noch viel zu entdecken gibt.
Man sollte es allerdings mit der Ehrfurcht nicht übertreiben - so etwas kann auch ganz schön lähmend sein. Dazu später mehr.

Ein Kontext ist da, wenn du ihn brauchst

Also: Dieser komische Dungeon da ist nicht einfach nur gebuddelt worden, damit jemand ganz unten einen Schatz einlagern und gleichzeitig ein Sammelsurium merkwürdigster Monster dazu sperren kann.
Wenn ich in einem bestehenden Setting unterwegs bin, habe ich bestenfalls bereits Geschichte, Kultur, Politik, Flora und Fauna vorliegen, die einen gewissen Zusammenhang liefern und mir dabei helfen können, meinen wilden Ideen eine gewisse innenweltliche Glaubwürdigkeit zu geben. Vielleicht ergeben sich dabei nebenbei immer wieder neue Inspirationen für Folgeszenarien, je nachdem wie die Gruppe handelt:

  • Jemand™ könnte auf die Gruppe aufmerksam werden und erbost/begeistert/verängstigt/belustigt über ihre Handlungen sein
  • Es könnte durch Handlungen der Gruppe Auswirkungen auf die Umgebung geben
    … und so weiter.

Ein Setting kann Spielrunden sprengen

Ich habe vorab ein wenig eigenen Erfahrungen und Ratschlägen zu detaillierten Settings herumgefragt und gar nicht wenige Spielende haben von vornherein abgewunken: Sie lassen einfach die Finger davon, meistens nach einschneidenden Erlebnissen.
Das hier sind mögliche Probleme, die ich entweder selbst erlebt habe oder von denen mir erzählt wurde:

„Das artet ja in Arbeit aus!“

Spielende und Spielleitungen erwarten oft, sich erst langwierig in ein detailliertes Setting einarbeiten zu müssen, bevor sie überhaupt erst eine Runde spielen können oder passende Figuren in dieser Welt entwickeln zu können. Eine Menge Leute betreibt Rollenspiel, um sich eine Auszeit von den immer höheren Anforderungen in Berufsleben/Schule/Studium/Familie usw. zu nehmen. Da ist es nur zu gut nachvollziehbar, dass sich das Hobby nicht wie ein Zeitstudium anfühlen sollte, schon gar nicht wenn es erst um die Vorbereitung auf das „richtige Spiel“ am Tisch anfühlt.

„Das spielst du falsch“

Detaillierte Settings sind oft auch alte Settings, die schon lange in der Szene behandelt werden und fortlaufend neue Erweiterungen und Überarbeitungen erfahren haben. Eine aktive, traditionsreiche Community kann eine Menge Vorteile haben, aber es gibt eine wohlbekannte Sorte besserwisserischer Expert*innen , die sowohl am Tisch als auch Online gern ungefragt ihr Wissen einbringen. Niemand, wirklich niemand bekommt gern vermittelt, dass seine eigene Vorstellung einer Spielsituation in irgendeiner Weise falsch ist und Grundlagendiskussionen zur Interpretation einer Spielwelt haben schon so manche Runde gesprengt - oder sie sorgten effektiv dafür, dass sie es nie bis zum ersten Spieltermin geschafft hat. Die Ansprüche und Sichtweisen dieser Art Mitspielender möchte nicht jede*r erfüllen. Das ist ein typischer Fall von „Gatekeeping“ und leider immer noch verbreitet.

„Wie soll ich das den Leuten beibringen?“

So manche SL verzweifelt manchmal daran, exotischere Settingideen so zu vermitteln, dass sie von der Runde auch verarbeitet werden können und nicht zu Ablehnung und Frustration führen, was den Spielfluss empfindlich stören kann: „Das kann ich mir nicht vorstellen, ich bin jetzt total raus aus dem Spiel!“ Es gibt eine ganze Reihe von Spielenden, die im Rollenspiele liebsten in ihrer Komfortzone bleiben und die ihre Phantasie durch besonders „weirde“ Elemente nicht herausfordern möchten: „Ich will etwas spielen, bei dem Halblingsfüße haarig sind, wie sich das nunmal gehört!“

„und nun ein kurzer Vortrag zur lokalen Küche…“

Die Tendenz, bei allen sich bietenden Gelegenheiten längere Zurschaustellungen des eigenen Settingwissens einzubringen, weil man sich damit eben auskennt und das jetzt gerade passt kommt sowohl bei Spielenden als auch bei Spielleitungen vor. Es ist massiv unangenehm und störend für Mitspielende ohne derart tiefes Hintergrundwissen, plötzlich mit so einer Flut mehr oder weniger sinnvoller, auf jeden Fall aber überforderter Informationen überflutet zu werden. Nicht nur wird ausgerechnet Neulingen das Gefühl vermittelt, nicht genug zu wissen und eigentlich nicht richtig mitspielen zu können, die eigentliche Spielhandlung kommt abrupt zum Stillstand.
Ein Sonderfall ist das „kollektive Abnerden“, gerade bei popkulturell sehr beliebten Settings:

„Tja, wenn man wüsste dass dieser NSC und der NSC B in einer alternativen Welt sogar Kinder haben, dann wird diese Szene irgendwie absurd“
Zwei Personen am Tisch kichernd wissend bei dieser unglaublich lustigen Vorstellung, der Rest kapiert gar nichts mehr und hofft, dass es irgendwann weitergeht.

Solche Szenen sind… anstrengend für alle am Tisch, die vielleicht nicht dasselbe Spezialwissen besitzen und die vielleicht auch gar nicht diesem Maße an Kleinigkeiten interessiert sind, sondern eher an einem unterhaltsamen Spielabend.

„Das Setting engt mich ein“/„Mein Charakter passt da nicht rein“

Wer gern seinen „Lieblingscharakter“ spielt oder schon mit einer ausgefeilten Charakteridee in die Runde kommt, könnte etwa feststellen, dass Magie anders funktioniert, dass es sie vielleicht gar nicht gibt oder gar, dass die gewählte Lieblingsspezies in der neuen Spielwelt ganz anders ist oder sie schlicht gar nicht existiert.
Wenn man wirklich eine Figur wirklich in einer sehr spezifischen Spielwelt ansiedeln will, dann sollte diese Figur zumindest ansatzweise dorthin passen. Allein diese Anforderung - eigene Vorstellungen zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen - ist für einige Spieler*innen bereits eine große Hürde: Es ist ein nachvollziehbarer Wunsch, im Hobby Rollenspiel „nur ein bisschen Spaß als Elfin, wie immer“ haben zu wollen und keine größere Anstrengung in das Charakterkonzept zu stecken.

Keine Angst vor detailreichen Settings

Nach all diesen durchaus begründeten Argumenten gegen komplexe Hintergrundwelten - und ich habe nach ein paar Fragerunden noch einige mehr bekommen (darunter auch „lass es einfach sein!“ ) - gibt es denn auch ein paar hilfreiche Tipps, um die ganze Sache ein bisschen weniger überwältigend, überfordernd, überarbeitend zu gestalten und stattdessen ganz unverkrampft eine Menge mehr Tiefe, mehr „Weltgefühl“ zu liefern, ohne dass es dabei für die SL und tatsächlich auch die Spielenden in Arbeit ausartet?
Schön, dass ihr gefragt habt, denn ein paar Tipps gibt es tatsächlich.

Es ist euer Setting!

Ganz egal, welche Anstrengungen ihr euch auferlegen mögt, ihr werdet niemals in Ursula K. Le Guins eigener Version von Erdsee spielen, ihr werdet nie im selben Mittelerde Abenteuer erleben wie die Gemeinschaft des Rings im Kopf von J.R.R. Tolkien und ihr werdet nie auf genau dieselbe Weise die letzte Nacht in Lankhmar bedauern, wie die Figuren von Fritz Leiber tun: Es ist immer eure eigene Version einer Spielwelt und das wird sich auch niemals ändern, einfach deshalb weil ihr nicht Le Guin seid, einfach weil ihr nicht Tolkien oder Leiber seid.

Das ist eine gute Sache. Entspannt euch. Macht das Beste daraus und versucht nicht angestrengt, alle Details der Vorlage und schon gar nicht den sprachlichen Stil einzubauen, macht es euch zu eigen, brecht ein bisschen die Regeln der Vorlagen wo es für euch Sinn macht, ignoriert was euch nicht passt, erfindet dazu was ihr möchtet. Ihr könnt gar nichts falsch machen: Das ist nun eure Welt und niemand anders als exakt ihr, eure SL und eure Runde, kann genau dieses wundervolle, einzigartige Paralleluniversum erschaffen. Das ist viel besser, als immer nur nachahmen zu wollen und zudem viel, viel freier und entspannter.

Ich glaube ganz ehrlich, dass dieser Ansatz der Schlüssel ist.

Eine Kampagnenfibel anlegen

Eine Spielleitung kann das Leben ihrer Gruppe mithilfe einer Kampagnenfibel sehr viel einfacher machen. Dabei handelt es sich um eine möglichst knappe, klare Zusammenfassung der allerwichtigsten Informationen des Settings - mit „Setting“ ist hier die Gegend gemeint, in der die Handlung stattfindet und keineswegs eine ganze Spielwelt. Kurz: Die Fibel enthält einen guten Querschnitt des Grundwissens, das neben den SC auch ganz normale Bewohner*innen der Spielwelt haben.

Ein kurzes Beispiel:
Angenommen, die SC sind Teil der Besatzung eines Piratenschiffs. Beschreibe die wichtigsten Lokalitäten, die verschiedenen Gruppierungen, wer vielleicht Verbündete, wer vermeintliche Gegenspieler*innen der SC sein könnten. Die wichtigsten Religionen der Gegend. Volksgruppen. Sprachen. Welche Charaktertypen in der Gruppe Sinn machen. Wie die Stimmung der Runde sein soll. Klau dir reichlich tolle Bilder zusammen und pack sie in die Kampagnenfibel, damit die Spielenden ein Gefühl für die gewünschte Stimmung entwickeln können (und sorg dafür dass niemand die Datei/den Ausdruck außerhalb der Gruppe weitergibt). Es ist auch eine gute Idee, die wichtigsten Tabellen und andere Spielwerte für die Runde mitzuliefern (Preislisten, Waffen usw.), einfach weil es das Spiel einfach beschleunigt und Nachschlagen im Regelwerk seltener vorkommt.
Mit Hilfe einer Kampagnenfibel kannst du es der Runde leichter machen, sich einzufinden, auch ohne tonnenweise Hintergrundbücher zu lesen, bestenfalls ist vorab gar keine Lektüre über die Fibel hinaus notwendig - aber vielleicht wird die Gruppe auch neugierig und sie will mehr wissen. Aber gleich zu Beginn erreichst Du, dass Begriffe weniger oft erklärt werden müssen, dass z.B. Gottheiten einfach beim Namen genannt werden und nicht etwa „diese Haigöttin, von der du letztens geredet hat“. Kampagnenfibeln erfordern einiges an Vorarbeit, sparen aber aber viel Zeit am Spieltisch und erlauben es der Gruppe, sich mehr auf das eigentliche Rollenspiel zu konzentrieren.

Natürlich macht es viel Sinn, eine Kampagnenfibel im Laufe der Zeit fortzuschreiben und das kann durchaus auch Aufgabe der gesamten Gruppe werden. Dazu macht es Sinn, Platz für eigene Notizen zu lassen, vielleicht indem man einen breiteren Rand im Dokument einrichtet. Das bringt uns direkt zum nächsten Tipp.

Notizen machen

Schreibt euch Sachen auf. Spielende: Wenn ihr eine Gottheit kennenlernt, schreibt euch Namen und ihren Machtbereich auf. Spielleitungen: Wenn ihr Neues in der Spielwelt vorstellt, macht euch Notizen, damit ihr Bescheid über den Wissenstand in der Gruppe wisst.
Ein kleiner Karteikasten, in dem zum Beispiel Nichtspielerfiguren verwaltet werden, kann da extrem hilfreich sein. Gerade aktive Figuren können so für die Gruppe immer griffbereit sein, indem man einfach die Karte auf den Tisch legt

  • Es kann echter Karteikasten mit den handlichen Karteikarten („Index Cards“) sein
  • Es kann eine Webseite sein, zum Beispiel ein einfaches Wiki oder eines der spezialisierteren Angebote für Rollenspielgruppen. Schön wäre hier, wenn das Angebot auch auf dem Mobiltelefon gut lesbar ist, damit man auch während der laufenden Runde einfach mal flott nachschauen kann, wie „der komische Priester von vor 2 Wochen“ nun heißt, ohne den Spielfluss zu unterbrechen. (Mal ehrlich: Smartphones vom Tisch zu verbannen ist in den meisten Runden schlicht aussichtslos. Wenn wir schon mit ihnen leben müssen, dann können sie sich wenigstens nützlich machen, oder?)
  • Geheimtipp: Blanko-Plastikkarten, die gut mit einem Folienschreiber beschreibbar und dann auch wieder ohne Probleme sauber zu bekommen sind

Blanko-Plastikkarten im Checkkarten Format, einige mit Folienstift beschriftet.
Blanko-Plastikkarten sind am Tisch äußerst praktisch
Es gibt natürlich auch die klassische Methode, Spielberichte von SL oder Spielenden mitschreiben zu lassen. Das ist sicher eine weitere mögliche Methode, die aber relativ viel Arbeit kostet und zudem gern mal für Probleme sorgt, wenn einzelne Personen der Aufgabe nicht nachkommen können, weil sie zwischenzeitlich ausfallen oder sie schlicht die Zeit nicht finden, kurz: Weil das Leben dazwischenkommt. Alle Methoden zur Dokumentation des Spiels, die außerhalb der Spielzeit stattfinden, haben sich in meiner Praxis als wenig sinnvoll erwiesen.

Es sollte also bei „gemeinsamen Notizen“ darauf geachtet werden, dass alle das Medium dafür nutzen können und wollen. Ein Wiki mit einer bestimmten Syntax, einem komplexen Benutzerinterface, manchmal auch schon ein Login mit Benutzernamen/Passwort: Das sind alles Hürden. Verwendet im Zweifel etwas einfacheres, Bleistift und Papier sind nicht ohne Grund bewährt.

Zeige, statt zu erzählen

„allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei“

Wer würde es schon wagen, hier der legendären Spielleitung Theophrastus Bombast von Hohenheim grundsätzlich zu widersprechen? Es hat sich bei mir bewährt, dass nur dann Settingdetails verwendet werden, wenn das Setting Einfluss auf die Handlung und das Erleben der SC hat.

Zum Beispiel: Festlichkeiten zu Ehren einer Ackergottheit werden vorbereitet. Die SL sollte nicht gleich erzählen, dass Gottheit X mit diesen und jener Eigenschaft mit diesen und jenen Riten geehrt wird und wie wichtig dieser Kult in der Region ist und wie groß der Einfluss auf die Gesellschaft hat, wer die Hohepriesterin ist und so weiter.

Die SL könnte versuchen, einfach zu beschreiben was im Dorf passiert: Dass die Häuser mit Kornären geschmückt werden und eine feierliche, muntere Stimmung herrscht. Wenn die SC mehr wissen wollen, sollten sie nachfragen - es ist besser, wenn die Gruppe neugierig wird, als das sie mit Wissen überschüttet wird.

Das alte und beliebte Erzählkonzept „show, don’t tell!“ (Zeige, statt zu erzählen/erklären) sollte nicht zum Dogma werden, ist hier aber oft sehr hilfreich.

Settingdetails sollten bestenfalls von den Spielenden erlebt werden sollten. Werden Settingdetails erzählt , wird die Runde zum passiven Zuhören verdammt. Es ist also gut, wenn diese Momente selten sind und so knapp wie möglich gehalten werden.

Wenn also etwas erklärt werden muss - und das wird vorkommen - dann sollte es am besten innerhalb der Spielwelt passieren: NSC könnten dazu etwas sagen, Dinge lassen sich beobachten. Außerdem könnte das eine gute Gelegenheit sein, den möglicherweise in der Gruppe vertretende Gruppe der Setting-Superfans einen glanzvollem Moment zu schenken. Dazu später mehr.

Gegenstände können ebenso viele spannende Informationen vermitteln und Neugierde wecken. Was, wenn die gefundenen alten Goldmünzen ganz anders und merkwürdig aussehen? Was, wenn die alte Händlerin auf dem Markt etwas mehr dazu sagen kann?

Immer gilt jedoch: Es gibt gute Gründe, dass Setting deutsch auch gern „Hintergrund“ genannt wird - im Vordergrund stehen die SC und die Handlung.

Eine Figur spielen, die zum eigenen Settingwissen passt

Falls es in der Gruppe Expert*innen in Sachen Settingwissen gibt, sollten sie dazu ermuntert werden, eine Figur zu spielen, die sich wie sie bereits gut in der großen weiten Welt auskennt. Sie könnten aus kosmopolitischen Orten wie gro-en Städten kommen, Gelehrte oder erfahrene Reisende bieten sich hier ganz besonders an. Auf diese Weise bekommen sie Gelegenheit, ihr Settingwissen auf eine Weise mit der Gruppe zu teilen, die zu ihrer Spielfigur passt und weiterhin im Spiel stattfindet. Hier sollte aber vorab abgesprochen werden, in welchem Rahmen die Figur über das Wissen des Spielenden verfügt und dass sie keineswegs „allwissend“ sein kann.

In ähnlicher Weise ist es eine gute Idee, Neulinge in der Spielwelt unerfahrene Figuren spielen zu lassen, die vielleicht jung sind, aus einer abgelegenen, ländlichen Gegend kommen oder aus einer fremden, vielleicht primitivieren Kultur stammen. Die Figuren sind hier fremd und kennen vieles nicht und die Person hinter dem SC lernt gleichzeitig mit diesem.

Und jetzt ihr!

Das hier sind meine Erfahrungen, das was ich hier beschreibe ist meine bevorzugte Art mit Settings umzugehen. Was sind eure Ideen? Was würdet ihr ganz anders machen? Ich freue mich auf eure Kommentare!

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